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Im Mai 2011 bin ich nach 6 Jahren in Irland zurück nach Deutschland gezogen und habe diesen Blog eingestellt. Mein neuer Blog heißt Geist und Gegenwart und ist unter www.geistundgegenwart.de zu erreichen.

Donnerstag, 25. November 2010

Die Macht der Kunden durch Social Media oder wie ich 150 € sparte

Im letzten Sommer ging ich auf eine lange Tour durch Europa und habe dazu viele meiner Sachen von Irland nach Deutschland von einer Umzugsfirma verschicken lassen. Leider war die Sendung dann um mehr als eine Woche verspätet und ich musste ohne viele meiner Sachen auf Tour gehen. Noch unangenehmer: Ich konnte nicht zu gegen sein, um die Lieferung entgegen zu nehmen. Und am allerschlimmsten: Ich bekam niemanden von der Umzugsfirma ans Telefon und wenn, bekam ich nur sehr vage Aussagen und Versprechungen, die nicht eingehalten wurden. Eine Kontaktaufnahme durch die Firma fand nicht statt. Da lief ich also, durch Prag und Budapest mit meinem Handy am Ohr und versuchte die Ankunft und Entgegennahme meiner Kartons im fernen Deutschland zu organisieren. Urlaub sieht anders aus.

So etwas kann passieren und ist kein Weltuntergang. Was mich jedoch wütend machte, war wie die Firma mit mir umging. Sie hatten ihr Geld - 500 Euro - von mir bekommen und scherten sich nicht mehr um den Service. Ich beschloss, um einen Preisnachlass zu bitten, schlug 20% vor. Ich konnte den Spott auf der anderen Seite geradezu spüren. Mir wurde z.B. vom Chef der Firma geraten, ich solle mich doch bei der Verbraucherzentrale beschweren. Nach diesem zynischen Vorschlag beschloss ich, Yelp, eine lokale Review-Website, zu nutzen, um meinen Frust zu ventilieren. Nach dem Posten meiner Geschichte, machte ich die Firma durch eine E-Mail darauf aufmerksam.

Plötzlich schrieben sie zurück, waren sehr interessiert und baten um meine Kontoverbindungen, um mir einen Preisnachlass zu geben. Ich war zufrieden und verhandelte nicht weiter, denn es ging mir um die Geste, nicht um viel Geld. Jedoch... es passierte nichts. Also schrieb ich fleißig weiter, auf Yelp, Qype, Google usw. Ich sah dabei ganz ähnliche Geschichten mit der selben Firma und wir - die Kunden - begannen auf diesen Seiten untereinander zu diskutieren und Erfahrungen auszutauschen.

Dann passierte etwas, was noch nie vorher passierte: Die Firma rief mich an. Sie sagten mir, wie sehr es ihr Geschäft bedrohen würde, dass sie vielleicht schließen müssten, wenn sie weiterhin solche negative Publicity bekämen. Sie versuchten, mich dazu zu bewegen, meine Kommentare zu entfernen. Ich sagte, dass sie lieber guten Service machen sollten, denn dann würden sie positive Reviews bekommen, die meine Kommentare relativieren würden. Am Ende boten sie mir nochmal einen Nachlass an, wenn ich nur aufhörte zu posten. Noch am selben Tag erhielt ich 150 €, das sind weit mehr als 25%. Ich machte ein tatsachengerechtes Update meiner Posts, entfernte sie jedoch nicht. Von einem Leidensgenossen auf Qype erfuhr ich, dass auch er einen erheblichen Nachlass bekam. Vor kurzem rief mich die Firma noch einmal an und bat um Entfernung. Jetzt gehe ich einfach nicht mehr ans Telefon, wenn sie anrufen - die Firma lernt nun die andere Seite kennen.

Was mich daran wirklich erfreut, ist ńicht das Geld, sondern die Tatsache, dass diese Firma sich beim nächsten Mal ganz genau überlegen wird, wie sie reagiert, wenn sie Ihren Auftrag nicht wie vereinbart ausführt. Werden sie wieder arrogant und unbekümmert sein? Ich vermute nicht. Sie werden jetzt daran denken müssen, wie gefährlich öffentlich ihr Geschäftsgebaren ist.

Außerdem fühlte es sich ungeheuer powerful an, als diese Firma, die Kunden wie Dreck behandelte, plötzlich uns Kunden hinterher bettelte. Das ist die neue Macht der Kunden durch Social Media.



Nebenbemerkung: Eine Schattenseite ist, dass Qype mit offensichtlich vorgetäuschten positiven Reviews gespammt wird: 5 überpositive Reviews an einem Tag von Nutzern, die noch nie zuvor auf Qype waren. Qype reagierte auf Nachfrage, was sie mit solchen falschen Reviews machen, gar nicht. Egal, es ist trotzdem schön zu sehen, wie das Internet eine Öffentlichkeit schafft und dadurch die Machtfrage umkehren kann.

4 Kommentare:

  1. Ich habe auch Ärger mit einer Firma, die im Impressum eine 0900er-Nummer angegeben hat und nicht auf E-Mails reagiert. Ich denke ich werde demnächst genauso vorgehen, denn die Anwaltsdrohung hat nicht gezogen.

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  2. Danke, Rupi!
    Alex - mach das! Es lohnt sich. Ich sehe schon die goldene Zukunft vorher, wenn Gewerbetreibende ihre Kunden wie Könige behandeln, aus Angst ein schlechtes Review im Netz zu sehen :)

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  3. Ich behandle meine Kunden/Leser auch so, auch wenn ich keine Angst vor schlechten Reviews habe, weil ich andere Menschen ganz einfach so behandle wie ich selbst behandelt werden möchte. Wohl auch deshalb muss ich mir häufig die offenbar negativ besetzte Bezeichnung "Idealist" anhören, wenn ich mich über die Umgangsformen mancher Menschen aufrege :)

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