Im Mai 2011 bin ich nach 6 Jahren in Irland zurück nach Deutschland gezogen und habe diesen Blog eingestellt. Mein neuer Blog heißt Geist und Gegenwart und ist unter www.geistundgegenwart.de zu erreichen.
Gerade noch waren in Dublin die Wasserrohre zugefrohren und die Gehwege vereist, da sehe ich heute vor meiner Haustür die ersten Obstbäume blühen. Es war ein angenehm milder Tag mit Sonne und leichtem Wind. Aber Kirschblüten im Januar? Ist doch etwas früh.
Über Irlands Jahreszeiten wird viel gesagt, z.B. dass man täglich alle vier innerhalb von 24 Stunden erleben könne. Andere wieder sagen, Irland habe gar keine Jahreszeiten oder eben nur eine: regnerisch-windig. Fakt ist, dass Frühling und Sommer früher in Irland anfangen, als auf dem Festland. In zwei Wochen wird Imbolg (übersetzt: "im Bauch" - als Referenz an die trächtigen Mutterschafe) gefeiert, ein keltisches Fest, mit dem traditionell der Frühling begrüßt wird. Meteorologisch gerechnet unterscheiden sich die Jahreszeiten jedoch nicht von denen im Rest der Welt, so dass auch im Februar eigentlich noch Winter ist.
Der Schnee, das noch immer fast unbekannte Element in Irland, führte dazu, dass überall die Schulen schlossen. Einige Lehrer wurden zum Verdruss ihrer Schüler erfinderisch und nahmen den Unterricht per Google Talk und E-Mail wieder auf. Inzwischen kehren die meisten Schulen wieder zur Normalität zurück. Wegen geborstener Wasserleitungen und riesigen Schneeblockaden ist das jedoch mancherorts noch schwierig.
Der diesjährig Irische November war der kälteste seit 1985. Und es soll noch mindestens eine Woche so bleiben. Schulen sind geschlossen, der Flugverkehr wird immer wieder unterbrochen, Busse und Bahnen fallen immer wieder aus, Fähren können nicht auslaufen. Der Verkehr kriecht im Schneckentempo durch die Stadt.
Als Deutscher muss man sich natürlich wundern, dass bei -5 °C und etwas Schnee eine ganze Volkswirtschaft praktisch zum erliegen kommt. Die Iren sind jedoch dieses Wetter nicht gewöhnt. Deshalb haben sie keine Winterreifen, es gibt nie genug Streusalz oder Schneeräummaschinen, nicht einmal klare Gesetze für Schadenfälle auf vereisten Gehwegen.
Gehweg in Dublin
Autos haben es besser, als Fußgänger, denn auf den Straßen entsteht über den Tag Matsch durch den Verkehr und der Schnee verschwindet. Zusätzlich werden zur Zeit rund 4 Tonnen Salz täglich auf den Straßen verstreut. Auf den Gehwegen jedoch bleibt der Schnee, schmilzt etwas an, friert wieder, wird zu einer kompakten Eiskruste. Geräumt oder gestreut wird für Fußgänger nicht. Weder von der Stadt, noch von privaten oder gewerblichen Grundstückseignern. In Deutschland muss ja nun mal jeder selbst vor seiner Haustür schippen. Das ist in Irland nicht klar geregelt. Die Regierung gab lediglich eine Empfehlung, Schnee zu räumen, stellte aber klar, dass es bei Stürzen wegen Eises keine rechtlichen Konsequenzen gäbe.
Ganz Irland ist in der Kältestarre und die Politik dürfte es freuen: Schließlich lenkt das grimme Wetter etwas ab von den schlimmen wirtschaftlichen Zuständen und es hält die Leute davon ab, auf die Straße zu gehen und zu demonstrieren.
Dublin, das hätte ich nicht von dir gedacht! Das sieht ja aus wie in Alaska hier. Fast, jedenfalls. Über Nacht kam es zu heftigen Gewittern und bei -3°C schließlich zu Schnee. S-Bahn, Straßenbahn und Bus-Verkehr sind zum Teil ganz ausgefallen, Motoristen werden gewarnt, nicht in bestimmte Gebiete wie die Wicklow Mountains (925 m) zu fahren.
So ist es in Irland jedes Jahr wieder gewesen: Ein oder zwei extreme Sommerwochenenden, wo man sich wirklich das Shirt vom Leib reißen kann und ohne Gänsehaut am Meer spazieren kann. Das haben wir dann heute auch getan und dabei gehofft, dass dieses Jahr anders sein wird. Dieses Jahr soll zumindest der Juni noch so schön bleiben, bevor wir dann im Juli in Berlin sind.
Auf unserem Spaziergang zum Meer haben wir bei Poulet Bonne Femme auf dem Dun Laoghaire Farmer's Market einen Broiler (wie wir Berliner sagen) bestellt. Später haben wir das Huhn abgeholt und mit nach Hause genommen, wo wir es wie zwei wilde mit Fingern auf dem Balkon gegessen haben. Dazu gab's ganz sommerlich ein paar Flaschen Sol mit Zitrone. Einfach perfekt!
Ungefähr eine Autostunde westlich von Dublin befindet sich das Irische Gestüt. Es ist wirklich einen Tagesausflug wert, besonders wenn man Pferde mag oder wenn man seine Großstadt-Kinder beeindrucken will. Für Erwachsene kostet ein Ticket 11 Euro und damit kann man außer des Gestüts auch noch den Japanischen Garten besuchen. Der ist auch sehr schön, allerdings war März vielleicht selbst für Irland, wo der Winter ja zeitig endet, noch etwas früh. Wir haben also nicht viele exotische Pflanzen gesehen, aber immerhin Krokusse und Schneeglöckchen.
Mich hat der Sonntag an meine Ferien in Graditz bei Torgau erinnert. Dort war das Gestüt der DDR und meine Tante lebte und arbeitete dort. Für mich als Kind war das perfekt - den ganzen Tag draußen mit Pferden und Hunden und keine Erwachsenen, die Zeit gehabt hätten, sich um mich zu kümmern. Ich lief von Stall zu Stall und sah zu, wie die Pferde gefüttert wurden, wie die Stuten von den Hengsten gedeckt wurden oder wie sie trainiert wurden. Außerdem nahm ich am Voltigieren teil, ein Art Kunstreiten, die mir aber nicht mehr und nicht weniger beibrachte, als dass man vor diesen großen Tieren - und auch sonst nichts in der Welt - keine Angst haben musste. Wenn man fiel, stieg man einfach wieder auf. Eine schöne Zeit, in die ich mich hier im Irish Stud gerne wieder zurückversetzen ließ.
Eine schöne satirische Karte vom Blog Strange Maps, auf die mich NoodleGei aufmerksam gemacht hat. Offenbar wollte man um 1940 die Deutschen verwirren und ihnen die Invasion erschweren, z.B. indem man den Kompass (links oben verdreht) oder Irland zwischen dem Pacific Ocean und dem Unpacific Ocean liegen lässt. Wer sich davon nicht verwirren ließ, konnte vielleicht von den mit Krankheiten wie Rheuma und Diphtherie verseuchten Gebieten abgeschreckt werden. Außerdem ist Irland von gefährlichen Strömungen, tausenden Klippen und gefährlichen Haien umschwommen. Schön sind auch die Whirlpools vor der Ost- nein, halt Westküste. Innerhalb des Landes finden sich Sümpfe und Moore, die große Meath-Wüste, ein Baum, essbare ganz dicht neben giftigen Pilzen und nicht zuletzt einen Brunnen, von dem man glaubt, er sei nicht verseucht. Schön ist auch der Leuchtturm in der Mitte des Landes. Was natürlich nicht fehlen durfte, war der Hinweis auf die Stürme und die enormen Regenmengen... Sachlich betrachtet, ist die Karte eventuell gar nicht so weit entfernt von der Realität.
Heute haben sie bei mir in der Gegend das Wasser abgestellt. Auf der Website der Wasserbetriebe heißt es dazu ganz lapidar: "Aufgrund der allgemeinen Wasserknappheit wird in ihrem Wohngebiet das Wasser ab Freitag 18:00 Uhr für 24 Stunden abgestellt."
Währenddessen schüttet es draußen wie aus Eimern. Auch gut: Denn so kann ich meine Wassereimer draußen in den Garten stellen. Hoffentlich fliegen sie über Nacht bei dem Sturm nicht weg. Sonst kann ich morgen früh nichts die Toilette runterspülen und der Hund hat auch nix zu saufen.
Von wegen Globale Erwärmung. Bullshit! Daran ist vermutlich der Vertrag von Lissabon Schuld. Dem hätten wir Iren nie zustimmen dürfen. Jetzt haben wir den Schaden und dasselbe scheißkalte Wetter wie Kontinentaleuropa.
Ich weiß, angeblich ist die Lage bei Ihnen auf dem Kontinent zur Zeit widrig. Aber kommen Sie mal zu uns nach Irland! Der Schnee steht uns bis zum Hals. Pro Tag fallen hier sagenhafte 5 bis 10 cm Neuschnee. Die Durchschnittstemperatur der letzten Wochen liegt bei eisigen 2 Grad. Minus! Das hat es seit 1982 nicht mehr gegeben. Folgerichtig hat die Regierung den Ausnahmezustand erklärt. Schulen schließen, Busse stehen still, der Flughafen ist dicht. Freitag früh fiel der Strom in unserem Stadtviertel aus, weil die Leute volle Pulle mit ihren Elektroheizern schlafen. Telefone gehen selbstverständlich nicht mehr und sogar die heiligen Gealic-Sports-Veranstaltungen wurden abgesagt. Ja, die Armee musste ausrücken, um gegen die zwei Minusgrade zu kämpfen. Dieser Winter ist schlimmer als es die IRA jemals war.
Auch der DART ist hoffnungslos überlastet, weil die Werktätigen auf dem Weg zur Arbeit aufs Auto verzichten. Große und kleine Firmen haben deshalb ihre Mitarbeiter gebeten, zu Hause zu bleiben. Das ist immer noch besser, als bei -2 °C öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Viele Straßen mussten gesperrt werden, weil es kein Salz mehr gibt. Ich sah zwei Polizisten, die in der Innenstadt den Bürgersteig salzten. Mit 500 Gramm Speisesalz, das sie sich aus dem Supermarkt besorgt hatten. Inzwischen hat man 25000 Tonnen Steinsalz aus Polen und Litauen angefordert. Ob das rechtzeitig ankommt, muss zitternd abgewartet werden. Es kommt jedenfalls zu spät für die Müllabfuhr. Die hatte mir eine SMS geschickt, dass ich mir keine Hoffnungen machen solle.
Die Warteräume der Krankenhäuser sind überfüllt. Und nicht wegen Schweinegrippe. Es gibt 70% mehr Unfälle auf Straßen und Gehwegen. Verkehrsminister Dempsey war seit Jahresende verschwunden - wie von der Lawine verschluckt. Keiner wusste, wo er steckte und wann er wiederkommen würde. Oder ob! Bis er sich letzte Woche von einem Golfplatz in Malta meldete und den Umweltminister Gormley zum Minister of Snow kürte. Ein cleverer Zug übrigens, denn der letzte Minister of Snow Michael O'Leary musste im Frühjahr 1982 gehen, nachdem die 10 cm Schnee getaut waren und überall im Land das Vieh auf den überschwemmten Weiden ersoffen war. Diesen Winter sind bereits irische Kartoffeln im Wert von 15 Millionen Euro erfroren. Das weckt schlimme Erinnerungen. Steht die nächste Hungersnot bevor? Müssen wir alle nach Amerika auswandern?
Die Politik wirft den Bürgern unterdessen vor, jeden "Appetit auf Selbsthilfe" in einer solchen Krise verloren zu haben. Anstatt eine Schippe Sand in die Hand zu nehmen, erwarteten sie, dass der Premierminister persönlich zu ihnen nach Hause komme und den Bürgersteig vom Eise befreie. Bunch of Pussies! Ich soll nicht immer fragen, was die Müllabfuhr für mich tun kann. Ja, ich kann meinen Müll auch aufessen, anstatt mich immer nur zu beklagen.
Die einzige Hoffnung kommt – wie so oft – von unseren Kleinen. Die packen die Winter-Krise von der richtigen Seite an und rodeln was das Zeug hält. Jeder dreckig mit Raureif überzogene Hügel wird da zur Piste. Dabei spielt es keine Rolle, dass der Schlitten in Irland noch gar nicht erfunden ist. Für viele Tweens ist es das erste Mal Schnee in ihrem Leben. Also rodeln sie auf allem, was nicht angeschweißt ist: Mülltonnendeckel, Straßenschilder, Wahlplakate, halbe Koffer oder einfach nur ein Stück Pappe. Aber sehen Sie selbst...
Als ich in Berlin bei 31°C ins Flugzeug gestiegen war, sagte der Pilot das übliche Blabla: zweistündiger Flug, gute Bedingungen, leichter Nord-West-Wind und in Dublin erwarten uns ein bewölkter Himmel und 13°C. Wie bitte? 13°C? Ich wäre am liebsten wieder ausgestiegen und zurück zum Liepnitzsee gefahren.
Und sonst? Dublin steht noch. In weiten Teilen jedenfalls. Direkt bei Malahide, keine 300 Meter von wo wir vor kurzem noch wohnten, ist die Brücke über der Estuary Bucht eingestürzt zwischen zwei aufeinander folgenden Zügen. Drei Tage zuvor wurde diese Brücke von Inspektoren untersucht und für sicher befunden. So kann man sich irren... und das Leben vieler Leute riskieren. Zwar kam keiner zu Schaden, aber für die nächsten Monate müssen alle Leute, die nördlich von Malahide leben und in die Stadt wollen, ungefähr eine Stunde zusätzliche Reisezeit in Kauf nehmen. Die Estuary-Brücke ist so eine Art Flaschenhals, denn dort können nur Züge verkehren, keine Autos oder Fußgänger. Um um die Estuary-Bucht herumzukommen muss man die Autobahn nehmen oder ein Boot, wenn man eines hat. Von Dublin nach Belfast mit dem Zug kann man nun also erst einmal vergessen. Oben im Bild sieht man einen Zug über die Estuary-Bucht fahren unten findet sich der Nachrichtenbeitrag zum Vorfall vom Irischen TV-Sender RTE.
Diesen Sonntag hat es wieder mal geregnet, was das Zeug hielt. Der Sommer 2008 war wohl einer der kältesten und regnerischsten überhaupt. 2009 ist bisher etwas besser, aber immer noch sehr nass. Wenn man sich Satellitenkarten ansieht, dann sieht man immer das "Auge des Bösen" in Form von zirkulierenden dunkelgrauen Wolkenstrudeln über Irland. Wenigstens haben wir in Dublin lange Tage. Im Juli geht die Sonne um 5:01 auf und um 21:57 erst wieder unter. Im Dezember sind die Tage am kürzesten: von 8:17 bis 16:10 Uhr. Es ist aber noch nicht alle Hoffnung verloren, denn September/Oktober kann ein Spätsommer werden und der Herbst ist oft schön. Außerdem liebe ich die milden Winter hier, die auch oft nicht so regnerisch sind, wie die in Berlin. Apropos Berlin: Da sowieso nichts besseres zu tun war, habe ich alte Filmaufnahmen meiner Familie von 1963 bearbeitet und ein Video Ostern 1963 zusammengeschnitten.
Im Moment - Anfang Juni - schlagen wir uns mit Tagestemperaturen zwischen 10 und 15 °C herum. Geregnet hat in diesem Frühjahr auch wieder mehr als genug. Und das, obwohl das Frühjar in Dublin statistisch weniger Niederschalk hat. Das lässt ja für den Sommer nichts Gutes ahnen. Im letzten und in diesem Jahr war der April sehr schön und der Rest des Jahres richtig nass.
Alle 5 Minuten wechselt hier das Wetter. 4 seasons in a day, wie die Iren sagen. Zur Zeit ist es besonders der Wind, der mir bei meinem täglichen Ritt auf dem Fahrad zur Arbeit zu schaffen macht. Winde sind hier an der Küste unberechenbar und kommen gerne mal von allen Seiten zugleich. Nicht nur mir macht das zu schaffen, auch der neuen Samuel Beckett Bridge des Architekten Santiago Calatrava, die eigentlich bereits über den Liffey gespannt sein sollte. Sie ist 120 Meter lang und 48 Meter hoch und kostet rund 60 Millionen Euro. Vor einer Woche wurde sie von Rotterdam aus über das Meer losgeschickt und liegt jetzt im Hafen. Man muss wohl noch warten, bis der Wind abflaut und man die Brücke endlich hoch zu ihrem Platz zwischen Guild Street und Sir John Rogerson's Quay schippern kann. Dort soll sie dann mit ihren vier Spuren den Verkehr in der Innenstadt entlasten.
Langsam kommt der Frühling. Das sieht man an den Iren und den Blumen. Die Iren springen in die Irische See und überall blühen die Kirschbäume und die Frühlingsblumen. Wir haben am Sonntag unsere Räder genommen und sind einen schönen Pfad neben den DART-Gleisen entlang geradelt, bis wir in Dalkey an der kleinen Marina ankamen. Dort haben wir ein paar Anfänger-Kanuten beim Ins-Wasser-Fallen beobachtet. Das ist de meinen so oft passiert, dass wir uns gefragt haben, ob es Absicht war und zum Training gehörte. Zum Erkunden und Radfahren ist der Süden besser geeignet, als der Norden von Dublin. Alles ist besser zugänglich und nicht nur auf viel befahrenen Straßen, sondern auch auf Nebenstraßen und Radwegen. Speziell der lange Rad- und Fußgängerweg, der Dun Laoghaire mit Dalkey parallel zu den DART-Gleisen begleitet, ist angenehm. Ansonsten waren wir noch etwas in unserer neuen Nachbarschaft einkaufen (die Chinesin vom Bioladen hat uns schon in ihr Herz geschlossen, weil wir ihren Tee so lobten und natürlich ihr Sauerteig-Roggenbrot kaufen). Außerdem haben wir das erste Mal draußen auf unserem Balkon in der Sonne gesessen und eine Tarte courgette mit Blaukäse gegessen. Abends haben wir Batman Returns (gähn!) und Youth Without Youth gesehen. Morgen ist St. Patrick's Day. Wir gehen aber trotzdem arbeiten und nehmen dafür einen Urlaubstag mehr, wenn es uns passt. Morgen Abend gehen wir bei Silvio und Katie vorbei, weil Silvios Oma da ist und Kartoffelpuffer macht. Dann noch zwei Tage durchrackern und dann geht's auf in den Süden nach Nizza und von dort in die Provence zu Céciles Familie.
Irland erlebt einen richtigen Winter und alles bricht zusammen. Was hier Wintereinbruch genannt wird, ist -1°C und 0,5cm Schneematsch. Schon fährt keine Bahn mehr, Autos bleiben stecken oder stoßen zusammen, Laute fallen reihenweise auf die Schnauze, der Flughafen wird geschlossen, Salz wird zu Gold und wir werden früher von der Arbeit nach Hause geschickt, damit man mit dem DART noch aus der Stadt ins Umland kommt. Lachhaft! In Berlin würde das niemand richtig bemerken. Man würde etwas vorsichtiger fahren, alles würde fünf Minuten länger dauern und dann wär's auch schon gut. Es passt zu diesem Land und seinen Leuten: Immer unvorbereitet, immer chaotisch, keine Organisation. Alles wird nach dem Motto It'll be grand hingenommen. Es zeigen sich aber dabei auch die immer noch enormen Defizite in der Infrastruktur. Ein Land, das wegen einem Grad unter Null zusammenbricht, ist einfach nicht verlässlich. Das wird dem keltischen Tiger im anstehenden Wirtschaftswinter, der sicher das ganze Jahr andauern wird, ganz schön die Krallen nehmen. Miau.
Gestern Vormittag war es sonnig und sehr war, schwül sogar. Mit kurzen Hosen und T-Sirt machten wir uns auf den Weg nach Dublin, um etwas vom Sommergefühl mitzuerleben. Vom Zug aus sahen wir, wie sich der Himmel steingrau einfärbte und plötzlich die Wassermassen von oben stürzten, als hätte es sieben Jahre nicht geregnet. In der Pearse Street konnten wir für ungefähr 20 Minuten nicht aus dem Bahnhofsgeäude treten, die Straßen schienen sich in Kanäle verwandelt haben. Eigentlich wollten wir ja etwas durch die Stadt trödeln, aber wir waren erst ungefähr zehn Minuten in der Stadt und schon ziemlich nass. Der Regen hatte nachgelassen und wir liefen zur Tara Street, um den nächsten Zug nach Malahide zu nehmen. Er stand schon auf dem Gleis und wir haben ihn gerade noch so bekommen. Nass, aber glücklich schaukelten wir bis Howth Junction, wo der Zug dann nicht mehr weiterfuhr. Nach einer ganzen Weile kam der Zugfahrer von vorne nach hinten durchgelaufen und erzählte allen, dass er umkehren müsse, weil es vor uns auf den Gleisen einen Erdrutsch gegeben habe. Er meinte, wir sollten in Raheny aussteigen und von dort den Bus nehmen. Inzwischen hatte der Regen wieder zugenommen und in Raheny konnten wir keinen Schritt vom Bahnhofsdach machen, ohne komplett nass zu werden. Bevor andere Fahrgäste auf die Idee kamen, wollte ich schnell ein Taxi kapern. So etwas kann unter solchen Umständen schnell in Kämpfe ausarten. Schnell sah ich eins, das erst an uns vorbeirauschte und dann doch umkehrte. Wir sprangen rein und sagten, dass wir nach Malahide wollten. Der Fahrer hatte keine Ahnung, wo er war und wo er insollte. Er fing an, Malahide in sein GPS-Gerät einzutippen, konnte es aber da nicht finden. Mit uns heftig atmend an Bord beschlugen nun noch die Scheiben und waren nicht mehr freizublasen. Der Fahrer schaute durch die engen Schlitze am unteren Rand der Scheibe, wo die Lüftung ansetzte und wir lotsten ihn per Karte zur Howth Street. Von dort wusste ich den Weg nach Portmarnock und weiter nach Malahide. Es ging extrem langsam und auf dem Weg sahen wir überspülte Straßen und abgesoffene Autos. Als wir endlich in Malahide ankamen, hatte uns der Ausflug insgesamt über 50 Euro gekostet.